Wie der Gospel nach Senzig kam

Ein Beitrag aus DEIN Senzig Magazin, Ausgabe 1

Zu Hause in Senzig: Gospelchor Senzig 

Ein früherer Wirtshaustanzboden, heute eine Kirche, ist das Zuhause für den Gospelchor Senzig. Hier trifft er sich jeden Montag 18 Uhr zu den Proben. Dabei geht es nicht streng zu, eher familiär,  jeder begrüßt sich mit Handschlag oder einer Umarmung. Im 20. Jahr seines Bestehens hat der Chor rund 60 Mitglieder. Angefangen hatte es bescheiden mit fünf Leutchen. Wie kommt Gospel, dieser Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA entstandene, oft ekstatische, christliche, afroamerikanische Musikstil, der Elemente des Spirituals, des Blues und des Jazz enthält, in ein brandenburgisches Dorf, fragt sich der Außenstehende?

 Die Idee dafür hatte Thomas Hoppe, gebürtiger Senziger, Gemeindepädagoge und Musiker.  „Einen Chor wollte er eigentlich nicht, vielmehr die jungen Leute von der Straße holen“, erzählt Peter Franneck. Der 59 Jahre alte Lehrer aus Köpenick ist seit 2005 dabei und wird von allen als der „Chorpapa“ angesehen. Zusammen mit „Chormama“ Gerlinde Jung und noch etwa zehn anderen Chormitgliedern kümmert er sich um die organisatorischen Dinge. „Diesen Flohzirkus muss man erstmal zusammenhalten“, sagt Franneck mit einem Lächeln.

Foster und seine „tolle Truppe“

Das musikalische Dirigieren ist seit 2013 Sache von Foster, so nennen ihn alle. Mit vollem Namen heißt der 48-Jährige Foster Ebai Agbor, kommt ursprünglich aus dem tiefsten Afrika, aus Kamerun. 1996 kam er zum Studium an die TU Berlin. Heute lebt der Elektroingenieur mit seiner Familie in Potsdam. Der Sohn eines Pfarrers und einer Mutter, die einen Kirchenchor in Kamerun leitete, ist von klein auf mit Musik groß geworden. „Sie hat mir das musikalische Talent weitergegeben, mit Gospel bin ich aufgewachsen“, erzählt er. Bereits im Alter von fünf Jahren lernte er Bassgitarre und mit 14 hatte er seine erste eigene Band. Gegenwärtig lenkt er neben dem Senziger Chor, der nach seinen Worten „eine tolle Truppe“ ist, noch die Geschicke eines anderen Gospelchores  in Berlin-Britz. 

Als Chorgründer Thomas Hoppe 2012 plötzlich im Alter von 39 Jahren starb, war das für die Sängerinnen und Sänger ein Schock. „Wir haben uns gesagt, wir kommen weiter jeden Montag zusammen. Das Zusammenbleiben war aber nicht so einfach“, erinnert sich Christiane Käfert, die fast von Anfang an dabei ist. „Seit Foster da ist, ist der Chor wieder stabil.“ Die Suche nach einem neuen Chorleiter hat lange Zeit gebraucht. Foster in seiner unkonventionellen Art sei ein Glücksfall für den Chor,  sind sich alle einig.

Gospel will die „Gute Nachricht“ des Evangeliums in einer Musik mitteilen, die mitreißt und Chor und Zuhörer in die Hände klatschen lässt, zu der man am liebsten tanzen möchte.  Gospelsongs und Spirituals stehen im Vordergrund für den Senziger Chor, aber er unternimmt auch Ausflüge in andere musikalische Gefilde wie Pop, Rock, Musical und sogar Oper. Inzwischen ist durch Foster auch Afrikanisches zum Repertoire hinzugekommen. 

Wir sind ein bunter Chor

Die Mitglieder des Chores kommen nicht nur aus Senzig und Umgebung, auch aus Berlin. Sie sind Amateure, stammen aus allen Altersgruppen und gehen vielen verschiedenen Berufen nach. „Chorpapa“ Peter Franneck sagt: „ Wir proben in der evangelischen Kirche der hiesigen Lukas-Gemeinde, wir singen auch in katholischen Kirchen, Foster ist Baptist, wir haben auch Atheisten dabei, mehr Ökumene geht nicht, wir sind ein bunter Chor.“ Gerlinde Jung, die „Chormama“, gehört seit zwölf Jahren dazu, sie moderiert auch zwischen den Songs und war früher Lehrerin für Deutsch und Englisch. Was sie sagt, das dürfte in der einen oder anderen Form auf alle zutreffen, warum sie im Gospelchor Senzig singen: „Man kann anderen eine  Freude machen. Ich mag Englisch, ich mag diese Musik, und diese tolle Gemeinschaft. Es sind viele Freundschaften entstanden.“ 

Singen macht glücklich und verbindet die Menschen. „In unserem Chor wird gefeiert, gelacht, geweint und natürlich gesungen“, berichtet Christiane Käfert. Nicht sie allein im Chor hat eine Sorge: „Es fehlt an jungen Leuten. Die zu kriegen, das ist schwierig.“ Wer mitmachen will, braucht keine Angst zu haben, es wird kein Vorsingen verlangt und Notenkenntnisse sind ebenfalls kein Muss. Wer im Chor ist, kann eine Menge erleben und kommt außerdem rum. Erst im Oktober ging es für ein Probenwochenende in den Spreewald. Für 2020 ist eine Konzertreise nach Trier in Rheinland-Pfalz geplant. 

Zehn bis 15 Konzerte gibt der Gospelchor Senzig im Jahr, vor allem im Landkreis um Königs Wusterhausen und in Berlin, aber nicht nur dort. Unvergesslich bleiben wird im Chorleben eine Tournee nach Thüringen und Sachsen. Der absolute Höhepunkt waren zwei Auftritte in der Dresdner Frauenkirche, 2010 noch dirigiert von Thomas Hoppe und 2016 von Foster. Peter Franneck stellt aber klar: „Wir sind hier in Senzig zu Hause. Wenigstens ein Konzert im Sommer gibt es im Ort  und regelmäßig zur Konfirmation in der Kirchgemeinde.“ Und aktuell zum Weihnachtsmarkt auf dem Dorfplatz. 

www.gossenzig.com

 

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